Essen. Das Ruhrgebiet ist seit beinahe 200 Jahren ein Zentrum von Einwanderung und Integration. Mit der EU-Osterweiterung hat die Zuwanderung aus Südosteuropa eine neue Dynamik bekommen - und stellt Kommunen vor wachsende Herausforderungen. Unter dem Titel "Integration und Arbeit: südosteuropäische Migration im Ruhrgebiet" widmete sich die Sozialkonferenz Ruhr 2025 aktuellen Entwicklungen, erfolgreichen Ansätzen und sozialpolitischem Handlungsbedarf. Politik, Wissenschaft und Kommunen diskutierten auf Einladung des Regionalverbands Ruhr (RVR), wie Arbeitsmarktintegration und gesellschaftliche Teilhabe gelingen können.
"Arbeitskräfte aus Südosteuropa sind in vielen Branchen unverzichtbar. Doch Integration gelingt nicht von allein - sie braucht gezielte Unterstützung von allen politischen Ebenen und langfristige Strategien", so das Resümee von Dr. Thorsten Schlee vom Institut für Arbeit und Qualifizierung der Universität Duisburg-Essen. Ein zentraler Beitrag von Dr. Christian Schramm (IU Internationalen Hochschule in Essen) präsentierte neue Forschungsergebnisse zur Migration aus Rumänien und Bulgarien. Die Studie zeigt: Migration ist zunehmend komplex - mit mehrfachen Wanderungen, Rückkehr und Weiterwanderung. Nur etwa die Hälfte der Befragten will dauerhaft im Ruhrgebiet bleiben. "Wir müssen Integration als dynamischen Prozess verstehen und kommunale Strukturen darauf ausrichten", so Schramm.
Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus Rumänien und Bulgarien hat sich im Ruhrgebiet seit 2013 verzehnfacht. Mehr als die Hälfte arbeitet jedoch unterhalb der Niedriglohnschwelle. Arbeitsmarktintegration bedeutet daher nicht unbedingt gesellschaftliche Teilhabe. Trotz Lohnarbeit sind die Menschen abhängig von sozialen Leistungen. "Die europäische Personenfreizügigkeit stabilisiert die Region wirtschaftlich - sie erfordert aber sozialpolitische Begleitung", betonte Schlee.
Im Polit-Talk fasste RVR-Regionaldirektor Garrelt Duin zusammen: "Erfolgreiche Integration braucht Vertrauen, Kenntnis um die Komplexität der Migration und mehr Kontinuität in der Arbeit der Akteure vor Ort. Multiple Herausforderungen wie Armut, unzureichende Bildungsbiografien, prekäre Wohnungssituationen oder schlechte Gesundheitsvorsorge treffen oft auf die gleichen Zielgruppen. Die Arbeitsakteure vor Ort kennen die Problemlagen in den Kommunen, den Quartieren und bei den Menschen. Um die Integration nachhaltig zu stärken, hilft nicht immer ein neues Programm, sondern vielmehr die Verstetigung der schon erfolgreich angelaufenen Prozesse und Strukturen."
Praxisbeispiele aus Hagen und Dortmund zeigten, wie Städte mit integrierter Sozialplanung und lokaler Kooperation Integration erfolgreich gestalten.

