Essen. Welche Chancen ergeben sich für den Kultursektor durch den gesteigerten Einsatz von KI? Welche Risiken müssen im Blick behalten werden? Welche Regulierungen sind notwendig? Inwiefern müssen sich kulturpolitische Strategien verändern, um eine vertrauensvolle und konstruktive Nutzung von KI-basierten Systemen zu gewährleisten? Diesen Fragen widmet sich die diesjährige Kulturkonferenz Ruhr am 19. September in der Lichtburg Essen. Der Regionalverband Ruhr (RVR) und das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW begrüßen bereits zum 12. Mal Kulturschaffende und -interessierte zum fachkundigen Austausch und zu kontroversen Diskussionen. Es werden erneut rund 400 Teilnehmende erwartet.
In einer Industrieregion wie dem Ruhrgebiet war das Zusammenwirken von Mensch und Maschine stets eine besondere Herausforderung. Die rasante technische Entwicklung stellt diese Beziehung auf eine völlig neue Stufe.
Neben Impulsvorträgen und Diskussionen präsentiert die Konferenz KI-generierte künstlerische Positionen und zahlreiche partizipative Formate.
Die Philosophin und Autorin Eva von Redecker (Metropolschreiberin Ruhr 2024) spricht über die Macht der Tech-Giganten und die Kraft der Kreativen. Was bedeutet KI für künstlerisches Schaffen? Die Angst, ersetzbar zu werden, treibe viele kreative Menschen um, aber diese Angst lenke gleichzeitig von größeren Problemen ab. Von Redecker verweist auf das Urheberrecht und Verstöße gegen dieses und erklärt, warum die Rolle der Kreativen in diesen Entwicklungen nicht zu unterschätzen ist.
Tina Lorenz, Leiterin des Hertzlab am ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, fasst die Reaktionen auf die KI als „Panisches Staunen“ zusammen und beschreibt in Anlehnung an den britischen Medienphilosophen Alan Warburton zwei Geisteszustände, mit denen wir Menschen der KI begegnen: Staunen ob der Errungenschaften und exponentiellen Entwicklung der Fähigkeiten künstlicher Intelligenz; und Panik, ob dies nun das Ende menschlicher Kreativität bedeute. Lorenz geht der Frage nach, wie wir in Zukunft mit Deep Fakes, Musik und Video auf Knopfdruck und der Tatsache umgehen können.
Die Medienrechtsjurist Rolf Schwartmann, Professor an der Technischen Hochschule Köln, bezeichnet die KI als ein hochkomplexes und potenziell gefährliches Werkzeug. Wer sie in sein kulturelles Schaffen einbinde, müsse technische und rechtliche Fragen beantworten können, beispielsweise: Warum kann KI nicht denken und trotzdem in menschlicher Sprache Kreativität simulieren? Gleichzeitig seien Fragen nach dem Urheberrecht für kreativ arbeitende Menschen relevant. Schwartmann erklärt, welchen Schutz das Urheberrecht gewährt, wie kann man ihn in Anspruch nehmen und durchsetzen kann.
Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen entwickelt derzeit Konzepte zu Fort- und Weiterbildungsangeboten für Künstler:innen im Bereich generativer Technologien sowie lernender Maschinen und wird im Rahmen der Konferenz den Austausch mit dem Fachpublikum suchen: Welche Kompetenzen sollten Künstler*innen und Studierende an Kunst- und Musikhochschulen erwerben, um die immersiven, stetig fortschreitenden Technologien als künstlerisches Medium selbstbewusst nutzen zu können und zu verstehen, wie Programme der Künstlichen Intelligenz arbeiten?
Die Kulturkonferenz Ruhr präsentiert in diesem Jahr auch mehrere künstlerische Positionen, die mit KI-generierten Systemen arbeiten. Darunter das in der Region bekannte Künstlerduo CYLVESTER für interaktive Digitalkunst, die interdisziplinäre*r Künstler*in Janne Kummer, Fellow an der Akademie für Theater und Digitalität 2024, und den Autoren und Lyriker Jörg Piringer („günstige intelligenz – hybride poetik und poetologie“).
RVR-Regionaldirektor Garrelt Duin freut sich auf einen lebendigen Austausch: „Die Kulturkonferenz Ruhr greift ein hochaktuelles Thema auf, das unser Leben und Arbeiten nicht nur in Kunst und Kultur tiefgreifend verändern wird. Ist Künstliche Existenz dabei Hoffnungsträger oder Schreckgespenst? Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland werden mit uns über die Entwicklungen im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen diskutieren.“
Die Kulturkonferenz Ruhr ist Teil der Nachhaltigkeitsvereinbarung zur Kulturhauptstadt RUHR.2010. Die Veranstaltung von RVR und Land NRW hat das Ziel, die seit 2010 entstandenen Netzwerke, regionalen Partnerschaften und Kooperationen zu fördern und weiterzuentwickeln.
Weitere Informationen und das diesjährige Programm im Netz unter:
Kulturkonferenz Ruhr