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Kommunalfinanzbericht Ruhr 2022

RVR legt Bericht vor und fordert: Altschuldenproblem lösen, bevor die Zinsen weiter steigen

Essen. Kostenexplosion bei den Energiepreisen, Inflation und eine neue Flüchtlingsbewegung, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine. Die Herausforderungen für die Städte, Gemeinden und Kreise im Ruhrgebiet nehmen nicht ab. Dennoch zeigt die aktuelle Ausgabe des Kommunalfinanzberichtes für die Metropole Ruhr, dass der noch Anfang 2021 erwartete Absturz der Kommunalfinanzen ausgeblieben ist.

Die Städte im Ruhrgebiet konnten 2021 ihre Haushalte mit einem geringen Überschuss von 376 Millionen Euro abschließen. Die Finanzanalyse im Auftrag des Regionalverbandes Ruhr (RVR) von einem Autorenteam um Professor Dr. Martin Junkernheinrich von der TU Kaiserslautern wurde am Donnerstag (12. Januar) an Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel und Thomas Eiskirch, Vorsitzender des Kommunalrats und Oberbürgermeister der Stadt Bochum, übergeben.

"Die Maßnahmen von Bund und Land zur Stabilisierung der Kommunalfinanzen wirkten im Ruhrgebiet im Jahr 2021 fort", sagt Finanzexperte Prof. Junkernheinrich. "Die Wirtschaft und die damit verbundenen Steuereinahmen haben sich ebenfalls sehr robust gezeigt." Dieser Trend setzte sich in den ersten drei Quartalen des Jahrs 2022 fort. Die Ausgaben stiegen zwar spürbar, aber die Einnahmen blieben hoch. NRW-weit betrug der kommunale Finanzierungssaldo zum Ende des dritten Quartals „nur“ -462 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor waren es noch minus 1,33 Milliarden Euro.

Thomas Eiskirch ist als Vorsitzender des Kommunalrats mit Blick auf die vielfältigen Herausforderungen besorgt um die kommunalen Haushalte und den Handlungsspielraum in den Städten. Er fordert daher für die Kommunen im Ruhrgebiet eine schnelle Lösung der Altschuldenproblematik. "Bei den Altschulden sitzen wir auf einem Pulverfass. Und da die Zinsen weiter steigen werden, wird die Zündschnur immer kürzer." Er betont daher: "Die Verantwortlichen in Bund und Land müssen noch in diesem Jahr eine Lösung auf den Weg bringen, die die Kommunen dauerhaft in der Schuldenfrage entlastet. Die wenigen Spielräume für Investitionen in unseren kommunalen Haushalten drohen sonst komplett wegzubrechen. Die Chance auf eine günstige Altschuldenlösung in der Niedrigzinsphase ist bereits vertan."

Der Regionalverband Ruhr (RVR) hatte in den zurückliegenden Kommunalfinanzberichten immer wieder vor dem Risiko einer Zinsänderung gewarnt. Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel sagt: "Nun ist die Zinswende eingetreten und beendet damit die Zeit der billigen Verschuldung. Anders als NRW haben Länder wie Hessen, das Saarland und zuletzt auch Rheinland-Pfalz ohne Hilfe des Bundes eine Altschuldenlösung für ihre Kommunen auf den Weg gebracht. Auch im Koalitionsvertrag der NRW-Landesregierung ist ein Lösungsvorschlag angekündigt. Nur leider liegt immer noch kein konkreter Vorschlag auf dem Tisch."

Finanzexperte Prof. Junkernheinrich unterstützt die Forderungen aus dem Ruhrgebiet, das Tempo zu erhöhen:"Die Lösung des Altschuldenproblems ist mehr als überfällig, um die Kommunalfinanzen in strukturschwachen Kommunen weiter zu konsolidieren. Noch mehr als in Hessen, dem Saarland und Rheinland-Pfalz wiegt in Nordrhein-Westfalen das Problem der ‚Spitzenlasten‘ bei den Altschulden. Dies muss bei der Lösung berücksichtigt werden."

Der Kommunalfinanzbericht Ruhr zeigt: Das Jahr 2021 haben die Städte, Gemeinden und Kreise im Ruhrgebiet fiskalisch mit einem kameralen Überschuss von 376 Millionen Euro abschließen können. Das Erreichen des Haushaltsausgleichs haben viele Ruhrgebietskommunen jedoch nur unter dem Verzicht auf Investitionen erreicht. Sie konnten im Jahr 2021 ihre Investitionsmittel lediglich um sieben Prozent erhöhen. Die Investitionslücke zum westdeutschen Durchschnitt hat sich daher nicht wesentlich reduziert.

Markus Schlüter, Bereichsleiter Wirtschaftsführung beim RVR, befürchtet: "Die Lücke bei den Investitionen zwischen dem Ruhrgebiet und Regionen wie dem Münsterland oder Ostwestfalen wird noch größer werden, wenn steigende Zinsen die Finanzmittel in unseren Revierkommunen wieder begrenzen. Schon jetzt sind durch die hohe Inflation und steigende Materialkosten kommunale Bauvorhaben deutlich teurer als geplant oder müssen komplett gestrichen werden, weil die dafür vorgesehenen Haushaltsmittel nicht mehr ausreichen."

Das Resümee im aktuellen Kommunalfinanzbericht fällt trotz der vielen Belastungen mit Blick auf eine weiterhin robuste Konjunktur hoffnungsvoll aus: "Die Kommunen sind bislang gut durch die Krise gekommen. Die besondere Schwierigkeit besteht nun aber darin, die aktuellen Probleme zu meistern und die seit langem bekannten Probleme wie hohe Altschulden und zu geringe Investitionen nachhaltig zu lösen."

 

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