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Moderne Architektur
„Etwas Eigenes, der neuen Organisation besonders Entsprechendes“
Die Aufgabe war anspruchsvoll: Der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (SVR), 1920 gegründet und Vorläufer des späteren Regionalverbandes Ruhr (RVR), brauchte ein repräsentatives Gebäude. Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren in diversen Unterkünften in der Essener Innenstadt untergebracht. Ende der 1920er Jahre sollte mit dem Provisorium Schluss sein.
1926 kaufte der Verband das Grundstück an der Kreuzung Kronprinzenstraße/Huttropstraße (heute Helbingstraße) nahe dem Essener Zentrum. Ein Architektenwettbewerb wurde im Dezember 1927 ausgerufen, an dem sich ausschließlich Essener Architekten beteiligen durften.
Maßgeschneidert für den Verband
Die Verantwortlichen hatten klare Vorstellungen:
Modern sollte das Gebäude sein, aber nicht einschüchternd. Den Geist des SVR verkörpernd, aber nicht protzig oder austauschbar.
Um es in den Worten von Philipp Rappaport, damaliger Erster Beigeordneter, zu sagen: „Das Gebäude durfte nicht einen stadtbeherrschenden Zentralausdruck hervorrufen wie etwa ein Rathaus, es durfte nicht einen repräsentativ‐monumentalen Eindruck erwecken wie ein Regierungsgebäude, es durfte nicht die gleichmäßige, zur Beschäftigung von Hunderten ausgewertete Art eines Bürogebäudes tragen. Es galt, hier etwas Eigenes, der neuen Organisation besonders Entsprechendes zu schaffen.“
Zum Sieger wurde Alfred Fischer, Direktor der Essener Handwerker‐ und Kunstgewerbeschule, im März 1928 gekürt. Fischer zeichnete unter anderem für das viel beachtete Hans‐Sachs‐Haus in Gelsenkirchen verantwortlich.
Sein Gewinner‐Entwurf „Der neue Bau“ kam allerdings nie zur Umsetzung, dafür sein Alternativvorschlag „Profile‐Keramik“.
Vom Fachpublikum gefeiert
Im Spätsommer 1927 begannen die Bauarbeiten, zur Jahreswende 1928/29 nahm das Gebäude seinen Betrieb auf mit Büros, Sitzungszimmern, einem fotografischen Atelier, einem Saal sowie Archiv‐ und Ausstellungsräumen.
Das Aushängeschild des SVR gehörte damals zu den modernsten und meistbeachteten Bauwerken Essens. In „80 Jahre im Dienst des Ruhrgebiets“ zieht Autor Andreas Benedict Parallelen zum Hans‐Sachs‐ Haus in Gelsenkirchen: „Beide Gebäude weisen horizontale Gliederungselemente, Gesimse und Flachdächer auf, beide sind von Rundungen geprägt.
Die Fassaden sind klar und rhythmisch komponiert, das Material Backstein kommt in seinen spezifischen Eigenschaften zur Geltung.“ Im Inneren besticht das Verbandsgebäude durch einen offenen, zweigeschossigen Lichthof.
Von der Zerstörung zum Baudenkmal
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus bei Bombenangriffen fast komplett zerstört.
Die Beschäftigten wichen in das Gebäude des Verbandspräsidiums an der Ruhrallee aus.
Der Wiederaufbau erfolgte in vereinfachter Form, sodass es sich heute schmuckloser als damals präsentiert. 1952 kehrten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zurück ins Stammhaus.
Weitere Bauarbeiten fanden von 1962 bis 1964 statt. In den 1980er Jahren kümmerte man sich schließlich um die Wiederherstellung des zentralen Lichthofes.
Als herausragendes Beispiel der Reformarchitektur wurde das Gebäude 1985 zum Baudenkmal ernannt. 2016 begann eine umfangreiche Sanierung – unter anderem aus Brandschutzgründen –, die Ende 2019 abgeschlossen wurde.