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Zukunft des Wasserstoffs in der Metropole Ruhr

Das Ziel ist gesetzt: Die Metropole Ruhr ist auf dem Weg zur klimaneutralen und grünsten Industrieregion der Welt. Ein zentrales Instrument bei der Umsetzung dieses ambitionierten Anspruchs ist das Thema Wasserstoff. Im Interview erläutert RVR-Netzwerkmanager Dr. Norbert Weritz die Aufgaben und Ziele der Hydrogen Metropole Ruhr und erklärt, warum das Ruhrgebiet bereits jetzt zu den führenden Transferregionen im Bereich Wasserstoffwirtschaft zählt – und das Zeug zur Modellregion hat.

Herr Dr. Weritz, mit Blick auf das Thema Wasserstoff: Wie ist die Ausgangslage im Ruhrgebiet?
Die Metropole Ruhr ist mit über fünf Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern einer der größten Ballungsräume Deutschlands. Mit bedeutenden Standorten der Stahl- und Chemieindustrie sowie einer hohen Verkehrsdichte steht diese energieintensive Region vor der gewaltigen Aufgabe, die Energiewende umzusetzen. Fossile, CO2-emittierende Energieträger müssen zügig durch nachhaltige, klimafreundliche Energieträger ersetzt werden. Hier ist der Einsatz von Wasserstoff ein wichtiger Baustein eines zukunftsfähigen Energiesystems und damit Teil der Lösung. Aus Erdgas hergestellter Wasserstoff wird bereits heute in der Industrie eingesetzt. Er muss nun durch klimafreundlichen Wasserstoff ersetzt und in vielen heute noch durch Erdgas versorgten Anwendungen zum Einsatz gebracht werden, wie zum Beispiel zur CO2-freien Herstellung von Stahl. Die klimafreundliche Wasserstoffwirtschaft muss aber erst entwickelt werden.

Welche Aufgaben hat vor diesem Hintergrund die Hydrogen Metropole Ruhr?
Die Hydrogen Metropole Ruhr fungiert als Katalysator. Sie verbindet als Dachnetzwerk der Region die lokalen Wasserstoffinitiativen im Rahmen des HyMR-Forums und sorgt somit für den Austausch von Wissen und Erfahrungen bei der Planung und Umsetzung von Wasserstoffprojekten. Durch die Bündelung der Interessen entsteht eine enorme Wirkkraft aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung im Hinblick auf die zielgerichtete Einführung von Wasserstoff als neuem Energieträger und die Schaffung der dafür notwendigen Rahmenbedingungen.

Im Projekt kommen Experten des RVR und der Business Metropole Ruhr zusammen – wie wichtig ist eine solche bereichsübergreifende Zusammenarbeit beim Thema Wasserstoff?
Die Energietransformation lässt sich nur durch eine integrierte Herangehensweise von Klimaschutz und Wirtschaftsinteressen lösen. Die Zusammenarbeit von RVR und BMR ist daher für die Lösung der Transformationsaufgabe entscheidend. Der RVR hat den Zugang zu 53 Kommunen im Verbandsgebiet und gestaltet den Masterplan klimaneutrale Metropole Ruhr. Die BMR verfügt als regionale Wirtschaftsförderung über vielfältige Verbindungen und Kontakte zu Unternehmen und in Unternehmensnetzwerke. Die Vereinigung von Klimaschutz und Wirtschaft findet ihren Ausdruck im H2-Klimaschutznetzwerk, das unter dem Dach der Hydrogen Metropole Ruhr gegründet wurde und sowohl die Wirtschaftsförderungen der 53 RVR-Kommunen als auch deren Klimaschutzmanagerinnen und -manager zusammenbringt. Das H2-Klimaschutznetzwerk wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert.

Wo liegen die Potenziale des Ruhrgebiets beim Thema Wasserstoffwirtschaft?
Die Potenziale sind enorm. Durch den Einsatz von klimafreundlichem Wasserstoff können wir die CO2-Emissionen bedeutend senken und dem Ziel der Klimaneutralität näherkommen. Die Aufgabe der Transformation ist in der Metropole Ruhr aufgrund der hohen Energieverbräuche besonders groß. Das bedeutet aber auch: Wenn die Dekarbonisierung hier gelingt, können wir zur Modellregion für ganz Deutschland und darüber hinaus werden. Und wir haben beste Voraussetzungen dazu: Der Wasserstoff wird aus den Regionen, in denen er aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, per Pipeline importiert und hier in die örtlichen Netze eingespeist. Mit der zentralen, bereits im Genehmigungsverfahren befindlichen Pipeline von Lingen nach Gelsenkirchen und Duisburg verfügt die Metropole Ruhr über ein Alleinstellungsmerkmal, das die Energiewende real macht.

Wann können wir denn mit grünem Wasserstoff im Ruhrgebiet rechnen?
Voraussichtlich ab 2024 erreicht erster grüner Wasserstoff die Region, bereits ab 2027 werden dann erhebliche Mengen klimafreundlichen Wasserstoffs für die Anwendung in Industrie, Gewerbe und Verkehr in die Metropole Ruhr kommen. Zu einer sicheren Versorgung trägt auch die geplante Heranführung von Wasserstoff aus den nahen Importhäfen Rotterdam und Antwerpen bei – ein geografischer Standortvorteil für die Metropole Ruhr. Die Wasserstoffwirtschaft ist nicht nur eine Chance in der Energiewende und damit für die Weiterentwicklung des Industriestandortes Metropole Ruhr, sondern auch für das Entstehen neuer Geschäftsfelder durch die einzusetzende und exportfähige Technologie. Hier hat die Region mit der bereits serienreifen Produktion von Brennstoffzellen – beispielsweise bei Cummins in Herten – und von Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff – zum Beispiel bei Nucera in Dortmund – einen Technologievorsprung, der der heimischen Wirtschaft eine Neuorientierung und die Erschließung neuer Märkte ermöglicht.

Was wurde bereits erreicht? Und inwieweit zahlt das Erreichte auf die Umsetzung langfristiger Klimaziele ein?
Die herausragende Pipeline-Infrastruktur der Region, die nun weiterentwickelt wird, ist auch für den Mobilitätssektor ein großer Gewinn, ermöglicht sie doch die Versorgung von Tankstellen zur Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs. Das wird nun auch durch die "HyPerformer"-Förderung realisiert. Und auch bei der Schaffung der notwendigen Verteilnetzinfrastruktur werden die Kommunen durch die Hydrogen Metropole Ruhr in Zusammenarbeit mit den Leitungsnetzbetreibern unterstützt. Hier konnten schon sichtbare Erfolge erzielt werden, beispielsweise durch angepasste Trassenplanungen, die Verbrauchscluster zukünftig erschließen und eine Versorgung mit Wasserstoff gewährleisten.

Was ist die derzeit vielleicht größte Herausforderung in diesem Feld?
Aktuell ist die größte Herausforderung, dass die Rahmenbedingungen für den Infrastrukturaus- und -aufbau geschaffen werden müssen. Die Investoren stehen bereit, um die zentrale Pipeline ins Ruhrgebiet für den Wasserstofftransport zu realisieren. Dazu bedarf es der Freigabe der nationalen Fördermittel durch die EU, auf die schon eine geraume Zeit gewartet wird. Auch auf der nationalen Ebene gibt es noch offene Fragen der Risikoabsicherung für die Investoren, die noch nicht abschließend gelöst sind. Wenn diese beiden Punkte geklärt sind und das bereits begonnene Genehmigungsverfahren abgeschlossen wird, ist alles bereit, um die Metropole Ruhr ab 2027 mit großen Mengen klimafreundlichen Wasserstoffs zu versorgen und damit dem großen Ziel der Klimaneutralität einen gewaltigen Schritt näher zu kommen.

Dr. Norbert Weritz ist Netzwerkmanager im Referat Klima und Umweltschutz des Regionalverbands Ruhr (RVR) und arbeitet im Projektbüro Hydrogen Metropole Ruhr (HyMR). Die Wasserstoff-Initiative von RVR und Business Metropole Ruhr (BMR) wurde Ende 2021 auf Beschluss der Verbandsversammlung des RVR gegründet.

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