Ruhrgebiet. Den Wohnungsmarkt im Ruhrgebiet kennzeichnen ein moderates Preisniveau für Bauland und Immobilien sowie Mieten, die unterhalb des landesweiten Durchschnitts liegen. Das Angebotsspektrum ist nach wie vor vielfältig, so dass unterschiedliche Nachfragewünsche bedient werden können. Die Tendenz zu höher verdichteter Bauweise und die Nutzung von Baulücken im Bestand fördern eine flächensparsame Siedlungsentwicklung. Auf der anderen Seite zeigt sich eine angespannte Wohnungsmarktlage vor allem in den Großstädten, die Baufertigstellungen sind rückläufig und eine verstärkte Modernisierung im Bestand ist unbedingt notwendig.
Das sind die wesentlichen Ergebnisse des Sechsten Regionalen Wohnungsmarktberichts, den die Arbeitsgemeinschaft Wohnungsmarkt Ruhr am 22. November vorgestellt hat. An der Erarbeitung des Berichts sind der Regionalverband Ruhr (RVR), die elf kreisfreien Städte und vier Kreise des Ruhrgebiets sowie die NRW.BANK und dem Verein "WIR Wohnen im Revier" beteiligt.
Stefan Kuczera, Beigeordneter Planung beim RVR: “Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen: Es fehlt an Marktdynamik in der Bauwirtschaft und an Bauland. Zudem bekommen wir den vorhandenen Wohnraum in der Region noch nicht schnell genug modernisiert und bedarfsgerecht verteilt. Der Regionalverband Ruhr und die kommunale Familie arbeiten dafür, dass Menschen ihre Wohnbedürfnisse verwirklichen können - denn dies sichert auch im Ruhrgebiet individuelle und gesellschaftliche Zukunfts- und Wachstumschancen. Dazu müssen wir das wohnungspolitische Instrumentarium engagiert anwenden, kontinuierlich evaluieren und erforderlichenfalls auch anpassen."
Wohnungsmarkt Ruhr im Detail
Der Bericht hebt hervor, dass die Immobilienpreise im Ruhrgebiet trotz einer allgemeinen Steigerung mit einem Preisgefüge zwischen 120 und 430 Euro pro Quadratmeter nach wie vor unter dem landesweiten Durchschnitt liegen. Die Dynamik der Steigerungsraten ist dabei in den Kreisen moderater als in den kreisfreien Städten.
Der Wohnungsmarkt Ruhr besteht Ende 2022 aus 2,7 Millionen Wohnungen und bildet damit 29,4 Prozent des gesamten Bestandes in NRW. Mehr als zwei Drittel der Wohnungen befinden sich in Mehrfamilienhäusern. Der Wohnungsbestand hat sich zwischen 2019 und 2022 um 26.800 neue Wohnungen erhöht.
Da der Wohnungsbestand in der Region oft älter ist, erfüllt er nicht immer die Anforderungen an energetische Standards und Barrierefreiheit. Daher sind verstärkte Modernisierungsanstrengungen im Bestand unerlässlich, um den Klimaschutz- und demografischen Anforderungen gerecht zu werden.
Bautätigkeit und Flächensparsamkeit
Der Trend zur dichteren Bebauung setzt sich fort. Die Anzahl der realisierten Wohneinheiten pro Hektar Wohnbaufläche steigt von 42 WE in 2019 auf 46 WE in 2022 an. Rein rechnerisch reichen die vorhandenen Wohnbauflächenreserven unter Beibehaltung der Dichte und bei gleichbleibender Nachfrage für 27 Jahre. Die räumliche Verteilung und Verfügbarkeit der Flächenreserven sind jedoch regional unterschiedlich.
Die Baufertigstellungen sind im Vergleich zur vorherigen Berichtsperiode leicht rückläufig. Der Anteil der Mehrfamilienhäuser im Neubau ist sowohl in den kreisfreien Städten als auch in den Kreisen im Vergleich gestiegen. Der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser am Neubau ist gesunken.
Aufgrund gestiegener Bauzinsen stieg die Nachfrage nach Wohnraumfördermitteln auf dem Wohnungsmarkt Ruhr deutlich an. Gegenüber dem Jahr 2022 nahm das Förderergebnis um 60,5 Prozent zu. Der geförderte Wohnungsbestand ist dennoch weiterhin rückläufig. Zwischen 2013 und 2022 ist er um 33 Prozent zurückgegangen.
Julia Meininghaus, Sprecherin der AG Wohnungsmarkt Ruhr: "Aktuell ist die Nachfrage der Investor*innen nach Wohnraumfördermitteln des Landes enorm. Hierdurch entstehen eine Vielzahl an innovativen und qualitativ hochwertigen Projekten, die einen wichtigen Beitrag zur Wohnraumversorgung im Ruhrgebiet leisten. Allein durch Neubau kann der Rückgang der öffentlich geförderten Wohnungsbestände jedoch nicht gestoppt werden. Mehr denn je müssen beispielsweise öffentlich geförderte Modernisierungsmaßnahmen in den Fokus rücken, um langfristig die Nachfrage nach preiswertem Wohnraum auf dem Wohnungsmarkt Ruhr decken zu können."
Mietentwicklung
Das Mietniveau ist im Vergleich zum Jahr 2019 weiter angestiegen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete liegt 2022 in der Wiedervermietung bei 7,21 Euro pro Quadratmeter (35,5 Prozent mehr seit 2013) und im Neubau bei 11 Euro pro Quadratmeter (32 Prozent mehr seit 2013). Damit liegt das Mietniveau weiterhin unterhalb des Landesschnitts von 8,51 Euro pro Quadratmeter (Wiedervermietung) und 11,85 Euro pro Quadratmeter (Neubau).
Verfügbares Einkommen und Mietbelastungsquote
Das verfügbare Einkommen auf dem Wohnungsmarkt Ruhr hat sich mit durchschnittlich 21.733 Euro sowohl im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum (11,9 Prozent mehr als 2017) als auch zum Landesdurchschnitt für Nordrhein-Westfalen deutlich positiver entwickelt. In 50 der 53 Kommunen liegt damit die Mietbelastungsquote unter dem Landesdurchschnitt. Im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum ist auch die Eigenheimerschwinglichkeit gesunken.
15-Minuten-Quartier
Der Wohnungsmarktbericht enthält auch eine Analyse der nah-räumlichen Erreichbarkeit von Daseinsvorsorgeeinrichtungen, die durch das ruhrFIS-Monitoring ermöglicht wird. Diese kleinräumige Analyse bietet wertvolle Einblicke in die Versorgungssituation an den Wohnstandorten. Danach wohnen 36 Prozent der Bevölkerung auf dem Wohnungsmarkt Ruhr in einem 15-Minuten-Quartier und können mindestens einen Lebensmittelmarkt, eine Apotheke, eine Postfiliale, eine Haus-, Kinder- und Zahnarztpraxis sowie eine Grundschule oder Kita innerhalb von 15-Minuten zu Fuß erreichen.
Andreas Mentz, Stadtbaurat Hamm und Sprecher Lenkungskreis Städteregion Ruhr 2030: “Der Wohnungsmarktbericht Ruhr bietet seit Jahren eine zuverlässige, objektive und im Ergebnis unverzichtbare Arbeitsgrundlage zur Analyse und Steuerung des Wohnungsmarkts in unseren Städten und Gemeinden. Aktuell belegt er wieder einerseits überregionale Trends sowie andererseits lokal und regional individuelle Unterschiede. Die Herausforderung, die uns eint, ist die Bereitstellung von ausreichend bezahlbarem neuem Wohnraum sowie die zukunftsfähige Modernisierung des Wohnungsbestandes, um für alle individuellen Bedürfnisse klimagerechte und auch barrierefreie Angebote bereitzustellen. Hier bietet die Wohnungsmarktbeobachtung unter der Federführung des RVR die Chance, voneinander zu lernen und erfolgreiche Lösungsansätze in unserer Region auszurollen."
Arbeitsgemeinschaft Wohnungsmarkt Ruhr
Die Arbeitsgemeinschaft Wohnungsmarkt Ruhr wurde 2007 aus der Kooperation der Städteregion Ruhr 2030 heraus initiiert. Hierin sind die Kreise und kreisfreien Städte im Ruhrgebiet sowie der RVR mit Unterstützung der NRW.BANK und dem Verein "WIR Wohnen im Revier" als Zusammenschluss der kommunalen Wohnungsunternehmen des Ruhrgebiets vertreten. Der erste Regionale Wohnungsmarktbericht erschien 2009 und wurde seitdem alle drei Jahre vorgelegt. Der Bericht richtet sich an Verwaltungen, Wohnungswirtschaft, weitere Wohnungsmarktakteure und Politik.