Essen. Die zahlreichen Bemühungen der Ruhrgebietskommunen ihre Haushalte auszugleichen sind ausgeschöpft. Wenn die neue Bundesregierung keine tragfähige Lösung der Altenschuldenproblematik findet und bei der strukturellen Unterfinanzierung nicht gegengesteuert, droht eine erneute und massive Krise der Kommunalfinanzen, warnen die Verfasser der aktuellen Ausgabe des Kommunalfinanzberichtes für das Ruhrgebiet. Die Finanzanalyse im Auftrag des Regionalverbandes Ruhr (RVR) von Professor Dr. Martin Junkernheinrich und Gerhard Micosatt ist am Dienstag (4. Februar) im RVR-Wirtschaftsausschuss vorgestellt worden.
Mit dem „Kommunalfinanzbericht Ruhrgebiet 2024“ stellt der RVR jährlich eine regionale Bestandsaufnahme der kommunalen Finanzsituation vor. Im Berichtsjahr 2023 haben die Kommunen im Ruhrgebiet im Durchschnitt gerade noch einmal einen Haushaltsausgleich (+900.000 Euro) erzielt. „Im haushalterischen Sinn waren also die Konsolidierungsanstrengungen des letzten Jahrzehnts erfolgreich“, so Prof. Martin Junkernheinrich. „Doch 2023 hatte sich das Ergebnis für die Ruhrgebietskommunen schon deutlich verschlechtert. Für 2024 ist ein Defizit nicht mehr aufzuhalten und der eingeschlagene Weg zu ausgeglichenen Haushalten steht auf tönernen Füßen.“
Dies wird aktuell an den in Nordrhein-Westfalen und im Ruhrgebiet wieder steigenden Liquiditätskrediten deutlich. Sie sind im Jahr 2024 bis zum Ende des dritten Quartals um 3,0 Mrd. Euro gestiegen. Bundesweit hatten die Kommunen zum 30. September 2024 bereits einen Fehlbetrag von 24,9 Milliarden Euro angesammelt. Auf NRW entfallen davon 6,2 Milliarden Euro.
Der Weg zu schuldenfreien Haushalten aus eigener Kraft hat für die Finanzexperten Junkernheinrich/Micosatt drei entscheidende Makel:
- Die nach 2020/2021 notwendige Anschlussregelung für den Stärkungspakt Stadtfinanzen steht immer noch aus, so dass steigende Zinsen wieder zu einem erheblichen Problem werden.
- Die negativen Folgen der langjährigen Haushaltskonsolidierung wie zum Beispiel Investitionsverzicht und hohe Abgabenlast für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen im Ruhrgebiet werden immer stärker spürbar.
- Eine neue Krisenlage und die anhaltend schwache Konjunktur in Deutschland können alle Anstrengungen der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte in nur kurzer Zeit zunichtemachen.
Das Resümee im aktuellen Kommunalfinanzbericht fällt deshalb skeptisch aus: Der bisherige Weg der Haushaltskonsolidierung stößt an seine Grenze. Erforderlich sind grundsätzliche Anstrengungen, um das Gemeindefinanzsystem mit einer aufgabenangemessenen Finanzausstattung wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen und mit einem Entschuldungsprogramm endlich einen Neustart zu ermöglichen.
Regionaldirektor Garrelt Duin unterstützt daher die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände, die Städte und Gemeinden stärker als bisher am Steueraufkommen zu beteiligen und die Altschuldenproblematik endlich zu lösen. „Wenn diese beiden Maßnahmen beherzt umgesetzt werden, bekommen unseren Kommunen im Ruhrgebiet endlich wieder mehr Spielräume für die dringend erforderliche Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, den Neu- und Ausbau von Schulen und Kindergärten, die Digitalisierung und die Wärmewende.“
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www.kfb.rvr.ruhr