Stickstoffüberschuss
Stickstoffüberschuss in der Landwirtschaft im Ruhrgebiet
Stickstoff ist ein unverzichtbarer Nährstoff für alle Lebewesen. In der Landwirtschaft wird er zumeist in Form von Mineraldüngern oder Wirtschaftsdünger wie z.B. Gülle, Mist oder Gärreste auf die Felder ausgebracht. Wenn reaktive Stickstoffverbindungen jedoch im Übermaß in die Umwelt eingetragen werden, kann dies weitreichende Konsequenzen haben, vor allem für die Artenvielfalt, die Wasserqualität sowie das Klima. In Oberflächengewässern, Meeren sowie Landökosystemen trägt Stickstoff zur Eutrophierung, also zur Nährstoffanreicherung, bei. Dadurch werden bei Überdüngung und anschließender Anreicherung in der Landschaft diejenigen Arten allmählich verdrängt, die sich auf nährstoffarme Standorte an Land und im Wasser spezialisiert haben. Ein zu hoher Stickstoffeintrag fördert außerdem die Versauerung von Böden durch Ammoniak, Ammonium und Stickstoffoxide. Außerdem reichert sich der aus gedüngten Böden freigesetzte Stickstoff in der Atmosphäre an und verstärkt den Klimawandel. Die Wasserqualität, v.a. die Grundwasserqualität, kann ebenfalls bei hohem Stickstoffeinsatz degradiert werden. Zu hohe Stickstoffgehalte im Grundwasser können gesundheitsschädlich wirken (siehe Indikator „Nitratbelastung im Grundwasser“). Um den Eintrag von Stickstoff in die Umwelt durch die Landwirtschaft zu steuern wurden bereits verschiedene Vorgaben durch die Politik vorgelegt. Laut EU-Düngeverordnung (2020) dürfen maximal 170 kg Stickstoff pro Hektar (kg/ha) und Jahr ausgebracht werden.
Der Indikator „Stickstoffüberschuss im Ruhrgebiet“ gibt an, wie viel mehr kg/ha Stickstoff pro Jahr in die landwirtschaftlichen Prozesse eingegangen sind, als in Form von Erntepflanzen und tierischen Produkten wieder entnommen wurden. Die Landesregierung NRWs hat in der Nachhaltigkeitsstrategie für NRW als Ziel angegeben, dass dieser Überschuss bis 2030 landesweit auf maximal 60 kg/ha reduziert werden soll.
Das leistet der RVR
Der RVR ist Besitzer von ca. 1.300 ha landwirtschaftlicher Fläche, davon etwa 780 ha Dauergrünland und 310 ha Ackerland (Stand 2023). Im Jahr 2023 veröffentlichte der RVR die landwirtschaftlichen Leitlinien, die eine nachhaltige und ressourceneffiziente Landwirtschaft der eigenen Flächen zum Ziel haben. In den Leitlinien werden bestimmte Handlungsfelder genannt, die helfen sollen, dies zu erreichen. Unter anderem wird der Erhalt der Landwirtschaft und der Schutz landwirtschaftlicher Flächen gefordert. Außerdem sollen Ökolandbau und Biodiversität gefördert werden sowie regionale Verwertungsstrategien gestärkt werden. Besonders die Förderung des Ökolandbaus hilft dabei, den Stickstoffüberschuss auf Landwirtschaftsflächen zu senken, da bei dieser Bewirtschaftungsform strenge Düngeauflagen bestehen. So dürfen z.B. keine chemisch-synthetischen Kunstdünger eingesetzt werden.
Der Stickstoffüberschuss in der Landwirtschaft bewegte sich zunächst in den Jahren 2010-2014 im Bereich zwischen etwa 85 kg/ha und 100 kg/ha. Von 2014 (85,8 kg/ha) auf 2015 (115,9 kg/ha) kam es dann zu einem recht starken Anstieg. Danach folgte ein erneuter Rückgang, ehe im Jahr 2018 mit 116,2 kg/ha der höchste Wert erreicht wurde. In den darauffolgenden Jahren sank der Überschuss stark ab, 2023 wurden nur noch 58,4 kg/ha verzeichnet. Dieser Wert lag bereits unter dem von der NRW-Landesregierung bis 2030 angesetzten Zielwert von maximal 60 kg/ha und leicht über dem Wert für Gesamtdeutschland von 56,1 kg/ha. Die Gründe für den starken Rückgang dürften die 2018 in Deutschland eingeführten Stoffstrombilanzverordnung der Landwirtschaft sowie die Verschärfung der EU-Düngeverordnung im Jahr 2020 sein. Die Stoffstrombilanzverordnung verlangte von größeren Betrieben z.B. eine Bilanzierung der Stickstoff- und Phosphorflüsse (Aufbringung auf und Entnahme von Feldern). Diese Verordnung wurde allerdings im Jahr 2025 zum Bürokratieabbau wieder aufgehoben. Auch die Verschärfungen in der EU-Düngeverordnung im Jahr 2020, die vor allem auf den Nitrat- und Phosphatschutz abzielen, dürften zum Rückgang beigetragen haben.
Innerhalb des Ruhrgebiets gab es große Unterschiede in der Stickstoffbilanz. Während in den kreisfreien Städten Herne, Bochum und Dortmund 2023 ein Überschuss von nur noch 12,7 kg/ha verzeichnet wurde, lag dieser im Gebiet des Kreis Recklinghausen sowie der kreisfreien Städte Gelsenkirchen und Bottrop noch bei 78,2 kg/ha. Insgesamt befindet sich die Region auf einem guten Weg den Stickstoffüberschuss in der Landwirtschaft auf einem verträglichen Niveau zu halten. Es wird spannend sein in den nächsten Jahren zu beobachten, ob dieses niedrige Niveau gehalten werden kann.
Der Indikator zeigt die jährliche Differenz von Stickstoffzufuhren und -abfuhren in Kilogramm Stickstoff pro Hektar (kg/ha) bezogen auf die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche im Ruhrgebiet an. Die Stickstoffzufuhr berücksichtig Mineraldünger, Wirtschaftsdüngerimporte, Kompost und Klärschlamm, atmosphärische Stickstoffdeposition, Stickstoffbindung von Leguminosen, Co-Substrate für die Bioenergieproduktion sowie Futtermittelimporte. Die Stickstoffabfuhr besteht aus pflanzlichen und tierischen Marktprodukten. In die Berechnung gehen auch gasförmige Stickstoffverluste bei der Ausbringung ein. Humusabbau und -aufbau fließen hingegen nicht in die Bilanzierung ein, da diese regional sehr unterschiedlich sind. Die Stockstoffzufuhr aus Mineraldüngern wird auf Basis von Statistiken nach einem festgelegten Verfahren geschätzt. Die Auswertung der Daten und die Berechnung des Stickstoffüberschusses erfolgt jährlich durch die Universität Gießen und das Julius-Kühn-Institut. Hinweise zur Berechnungsmethode können bei Bach et.al 2011 und Häußermann et al. 2019 gefunden werden.
Datenquellen
Umweltbundesamt (2025): Stickstoffüberschuss in der Landwirtschaft - https://gis.uba.de/maps/resources/apps/lu_nflaechenbilanzueberschuss/index.html?lang=de
Textquelle
Umweltbundesamt (2024): Indikator: Stickstoffüberschuss der Landwirtschaft | Umweltbundesamt
LANUK NRW-Umweltindikatoren (2025): Stickstoffüberschuss der landwirtschaftlich genutzten Fläche - Umweltindikatoren-NRW
Landwirtschaftskammer NRW (2025): Stoffstrombilanzverordnung - Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Düngebehörde-Niedersachsen (2025): Inhalte der Düngeverordnung vom 30.04.2020 : Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Statistisches Bundesamt (2025): https://dns-indikatoren.de/2-1-a/
RVR und RVR Ruhr Grün (2023): Landwirtschaftliche Leitlinien
Weitere Umweltindikatoren
Frank Bothmann
Team Umweltentwicklung und Monitoring
Klima und Umweltschutz
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