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Regionalverband Ruhr legt neuen Kommunalfinanzbericht vor - "Vergeblichkeitsfalle überwunden – Jetzt: Raus aus den Schulden"

Essen / Metropole Ruhr. Die auch im Jahr 2018 weiterhin bestehenden guten Rahmenbedingungen wie eine gute Konjunkturentwicklung, niedrige Zinsen, zusätzliche Entlastungen des Bundes bei den Sozialausgaben, die Unterstützung durch den Stärkungspakt Stadtfinanzen sowie stagnierende Sozialausgaben haben den Städten und Gemeinden der Metropole Ruhr erneut den Haushaltsausgleich ermöglicht. Dazu beigetragen haben auch die konsequenten Konsolidierungsanstrengungen der Ruhrgebietskommunen selbst. Sie erwirtschafteten einen kameralen Liquiditätsüberschuss von 198 Euro je Einwohner.

Die aktuelle Ausgabe des Kommunalfinanzberichtes für die Metropole Ruhr, die der Regionalverband Ruhr (RVR) heute (25. November) in Essen vorgelegt, zeigt zudem, wie ernst es den Ruhrgebietskommunen mit der Konsolidierung ist. Sie tilgten 2018 ihre hohen Liquiditätskredite erneut um 4,4 Prozent. Sie nutzen die gute Situation und wollen „Raus aus den Schulden“. Erstellt hat die Finanzanalyse ein Autorenteam um Professor Dr. Martin Junkernheinrich von der TU Kaiserslautern, der den Bericht an Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel und Josef Hovenjürgen als Vorsitzenden der Verbandsversammlung übergeben hat.

„Die Lage der Kommunalfinanzen im Ruhrgebiet war 2018 so gut wie nie. Wir dürfen uns aber von der Statistik nicht blenden lassen“, gibt Finanzexperte Prof. Junkernheinrich zu bedenken. „Der hohe kamerale Liquiditätsüberschuss muss auch in Rücklagen fließen, die in der doppischen Ergebnisrechnung die nicht liquiditätswirksamen Aufwendungen wie Pensionsrückstellungen und Abschreibungen absichern. Beim Haushaltsabschluss sieht es deshalb noch nicht so gut aus. Wir brauchen die Ergebnisrechnung als amtliche Statistik.“

„Wir haben die Vergeblichkeitsfalle dennoch überwunden und eine Perspektive gewonnen“, lautet das gemeinsame Fazit vom Vorsitzenden der RVR-Verbandsversammlung, Josef Hovenjürgen, und Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel. „Aber niemand darf sich zurücklehnen oder gar neue Aufgaben ohne hinreichende Gegenfinanzierung fordern oder den Kommunen aufbürden.“

Dies kann der Herner Oberbürgermeister Frank Dudda aus dem kommunalen Alltag nur bestätigen: „Der Finanzbericht Metropole Ruhr weist für Herne einen Finanzmittelüberschuss von 31 Millionen Euro auf. Das Jahresergebnis beträgt aber nur 3,1 Millionen Euro. Gleichwohl haben wir aber 27 Millionen Euro an Kassenkrediten abgebaut. Wir nutzen unsere liquiden Möglichkeiten, sehen aber auch die zukünftigen Probleme.“

Der Wille „Raus aus den Schulden“ muss angesichts der guten Voraussetzungen jetzt mit einem Altschuldenfonds unterstützt werden, so Prof. Junkernheinrich: „Die Lösung ist zum Greifen nahe. Der Bundesfinanzminister hat angeboten, die Hälfte der kommunalen Kassenkredite, an deren Entstehung der Bund ja nicht unschuldig ist, zu übernehmen, wenn die Länder dem in einem nationalen Konsens zustimmen. Sollte die nordrhein-westfälische Landesregierung hier nicht mitziehen, muss sie selbst demnächst viel tiefer in die Tasche greifen.“ Trotz erster Tilgungsbeiträge beträgt das Kassenkreditvolumen noch immer 14,3 Milliarden. Euro. Dieser Betrag wird von den meisten nicht ohne Hilfe getilgt werden können. Weil die hohen Liquiditätsüberschüsse auf Dauer nicht gehalten werden können, ist eine gezielte Hilfe für die hochverschuldeten Kommunen das geeignete Mittel zur Problemlösung. Hierfür zeigt das im April 2019 vom Regionalverband Ruhr vorgestellte Altschuldengutachten die möglichen Wege und finanziellen Belastungen auf.

Stabilisierung der Haushalte bleibt Daueraufgabe

Neben dem Programm, dass die langfristige Tilgung der Kassenkredite sicherstellt, bleibt die Stabilisierung der Haushalte eine Daueraufgabe. Dazu muss das Ruhrgebiet aus dem Dilemma von unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen und überdurchschnittlichen Sozialausgaben herauskommen. Verglichen mit dem Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer fällt die Sozialausgabenbelastung im Ruhrgebiet um 1,35 Milliarden Euro höher aus. Die Bindung dieser Mittel verhindert mehr Investitionen und hält auch die Realsteuerhebesätze hoch. „Wir können uns da nur wiederholen: Damit wird die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Frage gestellt“, mahnt die RVR-Verbandsleitung bei der Vorstellung der Zahlen.

Dazu gehört zwingend eine aufgabenangemessene Finanzierung der Kommunen. Deshalb fordert Oberbürgermeister Dudda: „Der Bund muss sich an den kommunalen Sozialleistungen, die er per Gesetz bestellt, entsprechend finanziell beteiligen. Gerade aktuell marschiert er mit dem Angehörigenentlastungsgesetz aber wieder in die andere Richtung. So kann es nicht gehen!“ Und auch das Land muss sich insbesondere bei den Integrationskosten stärker beteiligen.

„Ohne Zweifel ist aktuell eine Perspektive für die Kommunen da“, so der Vorsitzende der Verbandsversammlung Josef Hovenjürgen. „Mit der notwendigen Unterstützung lässt sich jetzt einFahrplan erstellen, mit dem mittelfristigdie Konsolidierung der Kommunalfinanzen zum Ziel geführt werden kann.“ Der Finanzbericht zeigt hierzu die Schritte auf, die konsequent abgearbeitet werden müssen. Dazu gehören auch mehr Investitionen. Mit zunehmender Stabilisierung der Haushaltslage ist dann auch die Entlastung der Bürger und der Wirtschaft von den hohen Realsteuerhebesätzen anzupacken.

Für Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel fällt das Resümee zum aktuellen Kommunalfinanzbericht insgesamt hoffnungsvoll aus: „Die Überschüsse der letzten beiden Jahre lassen die berechtige Hoffnung zu, dass der Wendepunkt erreicht ist. Die dauerhafte Konsolidierung der kommunalen Haushalte kann gelingen, wenn die Weichen bei Bund und Land jetzt richtiggestellt werden. “

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