Essen / Metropole Ruhr. Dem Ausschuss für Klima, Umwelt und Ressourceneffizienz des Regionalverbandes Ruhr (RVR) wurde heute (3. März) das Handlungsprogramm zur Regionalen Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet in der ersten Fassung vorgestellt. In Kooperation mit Kommunen, Kreisen und Privaten in der Metropole Ruhr wurde eine Liste mit 139 Projekten und Projektideen erarbeitet. Ziel aller Maßnahmen ist es, Artenvielfalt und natürliche Lebensräume in der Region zu schützen und zu fördern.
Die Ausschussvorsitzende Martina Schmück-Glock betont: „Das Handlungsprogramm ist ein beispielhafter Maßnahmenkatalog, mit dem wir als Region gemeinsam eine Trendumkehr für die Biodiversität erreichen können. Mit den 139 erfassten Projektmeldungen und einer breiten Beteiligung interessierter Bürgerinnen und Bürger, Fachleute und aller Kreise und Kommunen haben wir eine gute Grundlage geschaffen, die wir weiter fortführen und laufend aktualisieren werden. Zudem wollen wir dabei unterstützen, Zugänge zu möglichen Förderprogrammen zu eröffnen.“
Von den 139 erfassten Projektmeldungen sind allein 31 Best-Practice-Beispiele. 83 Maßnahmen sind schon in der Umsetzung und Weiterentwicklung.
Ausgewählte Beispielprojekte aus dem Handlungsprogramm zur regionalen Biodiversitätsstrategie sind:
Pferdebachtal - Gärten für die Gemeinschaft in Witten
Mit dem Projekt „Gärten für die Gemeinschaft“ der Entwicklungsgesellschaft für ganzheitliche Bildung Annener Berg e.V. entsteht in Witten auf vier Hektar Fläche mitten im Wohngebiet ein öffentlicher Park. Gedacht als Experimentierfeld, das zum Nachmachen anregt. Hier gibt es bio-dynamischen Produktionsgemüseanbau, naturgerechten Ackerbau, Streuobstwiesen, Heilpflanzen, artenreiche Feuchtgebiete, essbare Blüh- und Gehölzstreifen. Und tierische Unterstützung: Coburger Fuchsschafe übernehmen die Pflege der artenreichen Wiesen. Die Früchte und Erträge dienen auch der unmittelbaren Nahversorgung. Interessierte können gemeinschaftlich mitgestalten, lernen, ernten und die Natur genießen. Bewohnerinnen und Bewohner des benachbarten Christopherus-Hauses sollen hier genauso ein- und ausgehen wie Studierende der Uni Witten. Das Projekt wird Schaufläche für die Internationale Gartenausstellung 2027 (IGA) der Metropole Ruhr.
Blühwiesen in Bochum
Das Grünflächenamt der Stadt Bochum hat in Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Technischen Betrieb der Stadt Bochum im Sommer 2022 Blühwiesen mit einer Fläche von rund drei Hektar in bestehenden Park- und Grünanlagen über das gesamte Stadtgebiet verteilt angelegt. Die größte davon, an der Hannoverstraße im Grünzug Hordel, hat eine Größe von rund einem Hektar. Dabei wurden Saatgut und Standort so gewählt, dass möglichst artenreiche Wiesen entstehen. Die Blühwiesen sind mehrjährig und werden in der Regel zweimal pro Jahr gemäht. Dabei findet der erste Schnitt in voller Blüte im Juni statt. Dies ist notwendig, damit sich eine weitere Sommerblüte einstellen kann. Nur durch zwei verschiedene Blüten kann sich ein möglichst reichhaltiges Nahrungsangebot für Insekten einstellen.
Straßenbegleitgrün in Essen
In Essen wurden insgesamt 3.100 m² Straßenbegleitgrünflächen in artenreiche und ästhetische Stauden- und Blühstreifen umgewandelt. Dadurch kann das Straßenbegleitgrün als innerstädtischer ökologisch-klimatischer Ausgleichsraum verbessert, die biologische Vielfalt erhöht und gemeinsam mit schon bestehenden Staudenpflanzungen der innerstädtische Biotopverbund ergänzt werden. Gerade in sehr verdichteten Stadtteilen, welche einen geringen Grünflächenanteil aufweisen, wird zudem durch den neu entstandenen ästhetischen Wert die Aufenthaltsqualität entscheidend verbessert. Für Insekten sind die blütenreichen Inseln als Nahrungs- und Feuchtigkeitsquelle in ansonsten dicht besiedelten und wenig grünen Stadteilen sehr wertvoll.
Lehmblänke in der Haard im Kreis Recklinghausen
Der RVR-Eigenbetrieb Ruhr Grün legt im Rahmen des Projekts „Wald, Wasser, Wildnis“ in der westlichen Haard im Kreis Recklinghausen 11 Blänke mit Lehmboden an. Blänke sind kleine, flache Gewässer in natürlichen Geländemulden oder Bodenvertiefungen, die häufig nur temporär Wasser führen. Durch die Auskleidung mit Lehm soll das Wasser langfristig für Flora und Fauna an der Oberfläche gehalten werden.
Starkregenereignisse führen in Geländesenkungen zu einem erhöhten Wasserabfluss. Da die Böden der Haard fast ausschließlich aus Sand bestehen, sickert der Niederschlag sehr schnell in tiefe Bodenschichten. Beim Ausbleiben regelmäßiger Niederschläge stellen sich schnell Probleme mit Trockenheit oder Dürre ein. In den letzten Jahren gab es in fast allen Sommern mehrwöchige Trockenphasen, die bei verschiedenen Teilen des Ökosystems zu großem Stress führt. Vor allem Arten, welche auf Feuchtigkeit angewiesen sind, wie etwa Amphibien, leiden sehr darunter. Für diese sind dauerhaft Wasser führende Lehmblänke Refugien die ihnen das Überleben und sogar das Laichen ermöglichen. Diese Feuchtbiotope dienen aber auch Vögeln und Insekten im Sommer als Kühlung und vor allem als Trinkwasserquelle,
Gewinnung von regionalem Saatgut
RVR Ruhr Grün hat Maschinen zur Gewinnung von regionalem Saatgut angeschafft, die in diesem Jahr zum ersten Mal zum Einsatz kommen sollen. Gebietseigenes Saatgut im Ruhrgebiet mit Erntegeräten zu gewinnen, ist eine innovative Projektidee, um das Ökosystem Wiese zu optimieren und Insekten ausreichend Nahrung zu bieten. Neben dem naturschutzfachlichen Wert haben die so entstehenden Blumenwiesen auch einen hohen Wert für die Naherholung. Als attraktive Landschaftsgestaltungselemente können sie auch umweltspezifische Themen wie Artenvorkommen, Artenreichtum besser vermitteln.
In diesem Jahr wird zudem eine interaktive Online-Plattform aufgebaut. Darauf können Fachverwaltungen, Verbände, Politik und interessierte Bürgerinnen und Bürger Informationen zur Biodiversitätsstrategie sowie Unterstützungsmaterial zur Umsetzung von Maßnahmen und Projekten des Handlungsprogramms einholen.
Das Handlungsprogramm ist wichtiger Bestandteil der regionalen Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet. Die Regionale Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet wird auf der Grundlage eines Projektvorschlags des Netzwerks „Urbane Biodiversität Ruhrgebiet“ zur Ruhr-Konferenz (2018) seit Mitte 2020 als Teilprojekt der „Offensive Grüne Infrastruktur 2030“ des Regionalverbandes Ruhr (RVR) von der NRW-Landesregierung gefördert.
Weitere Infos unter www.biodiversitaet.rvr.ruhr